Portraits
Diese Ausstellung ist dem Portrait gewidmet und vereint die unterschiedlichsten Ausdrucksformen der Darstellung dieses Genres. Das Porträt gehört auch aktuell zu den wichtigen und sich immer wieder neu formulierenden bildnerischen Inhalten. Es ist ein wiederkehrendes Thema zahlreicher künstlerischer Konzepte. Angesichts der uns fehlenden vis-à-vis Begegnungen, haben wir uns gerade in dieses Thema mit Enthusiasmus gestürzt.
Thomas Ruff ist dem Thema in den 1980er zu Leibe gerückt und entschied sich für eine neutrale Darstellungsweise eines Halbfigurenportraits in Frontalansicht, frei jeglicher emotionalen Regung, Gestik oder Mimik. In Großformaten zeigte er die Oberfläche, aber nicht das Individuelle der dargestellten Person und hinterfragt damit die ursprüngliche Absicht in der Portraitfotografie. Thomas Struth hingegen portraitiert Einzelpersonen, Paare, Familien mit einer Plattenkamera und langen Belichtungszeiten. Seine Bildnisse zeugen von einer einfühlsamen Auseinandersetzung mit seinem Gegenüber, sie rufen eine psychologische Tiefe hervor und zeigen die dargestellten Personen in ihrer Privatheit und Intimität, wie etwa in der gezeigten Arbeit „The Felsenfeld / Gold Families, Philadelphia" von 2007.
Der tschechische Maler Jan Merta hat mit seiner unverwechselbaren kräftigen, ins Abstrakte gehenden Malerei ein eindringliches Portrait des Schriftstellers und Dichters Daniil Charms geschaffen. Souverän knüpft Merta an die russische Avantgarde an, als sei er Mitglied der von Charms mitbegründeten Künstlervereinigung OBERIU, Vereinigung der Realen Kunst.
Erstmals zeigen wir poetische Portraits aus dem Werkkomplex von Leiko Ikemura. Mit der traditionellen Temperatechnik reagiert sie in einem schnellen, tranceartigen Akt und meist in Serie auf Künstlerporträts aus Fotovorlagen. So kann ein und dieselbe Person je nach Stimmung ganz unterschiedlich auf der Leinwand erscheinen. Sie evozieren ein träumerisches Moment, das auch in den Glasköpfen von Schlafenden erkennbar ist, welches die Arbeiten der japanisch-schweizerischen Künstlerin so besonders machen.
Slawomir Elsner bezaubert mit neuen Buntstiftzeichnungen mit Frauen Portraits, die in ihrer Detailliertheit und Unschärfe zugleich, wie verschwommene Erinnerungen, sowohl Ikonen der Kunstgeschichte als auch weibliche Gesichter aus dem Alltäglichen zeigen.
„A.O.: R“ ist der Titel des neuen skulpturalen Porträts von Thomas Zipp und steht für Abstract Object, dem ganz im dadaistischen Sinne ein aggressives rollendes R, wie ein Haustier auf der Schulter sitzt: als reflektiere diese Arbeit unsere momentane Situation.
Wir freuen uns über die zahlreichen „BesucherInnen“, in Form von Gemälden, Fotografien und Skulpturen und bedanken uns bei allen beteiligten KünstlerInnen für ihre Beiträge gerade zu dieser Ausstellung in einer Zeit der sozialen Distanz.